Überblick: Die Entkernung des Mathematikunterrichts
Heute beginnt unsere bislang aufwändigste Beitragsreihe: Was ist bloß los mit unserem Mathematikunterricht? Die Leistungen deutscher Schüler in PISA, TIMMS etc. sind erschreckend schwach. Universitäten beklagen geringere Kenntnisse der Studenten, da das Abitur zu einfach geworden sei. Schüler nehmen den Unterricht trotzdem nicht als leichter wahr, sondern als belastend und verwirrend. Wie kann das alles gleichzeitig der Fall sein?
Was läuft im deutschen Matheunterricht falsch?
Wir fragen:
- Wie kann Mathematikunterricht zugleich moderner werden und doch verwirrender werden, zugleich leichter, aber dennoch schlechter schwieriger zu bewältigen?
- Was genau hat sich eigentlich geändert und warum?
- Was bewirken diese Veränderungen bei den Schülern, die Mathematik lernen müssen, und bei den Lehrern, die anhand moderner Schulbücher unterrichten sollen?
- Wie sehen erfahrene Lehrkräfte und Mathematiker dieses Problem?
- Und welche gesellschaftlichen oder ideologischen Prozesse haben diese Veränderung verursacht?
Der Begriff „Entkernung des Mathematikunterrichts“ trifft das Problem sehr gut, die beiden Forscher Dr. Dieter Remus und Prof. Sebastian Walcher haben ihn 2016 in einem lesenswerten Artikel geprägt.
Über die Link-Boxen auf der Reportageseite können Sie von dem Thema, das Sie am meisten interessiert, in unsere Reihe einsteigen. Wir haben uns in der Welt des Mathematikunterrichts einmal komplett rundherum bewegt und mit allen gesprochen, von denen wir Hilfreiches lernen konnten:
- Wir haben Schulbücher von gestern und heute untersucht und Schüler gefragt, wie es ihnen mit verschiedenen Aufgabentypen ergeht.
- Zwei Legenden der Schulbuchwelt geben uns ein ausführliches Interview: Harald Walter und Rainer Feuerlein. Beide waren von den 60er Jahren bis in die frühen 2000er für die bekanntesten bayerischen Mathematiklehrbücher verantwortlich. Sie haben außerdem ein Leben lang Referendare ausgebildet und Gymnasiasten unterrichtet.
- Der Mathematiker Prof. Hermann Karcher erläutert einige abschreckende Beispiele für schlecht gestaltete Rechenaufgaben. Er fragt aus nüchtern fachlicher Sicht, was man heute eigentlich aus manchen Aufgaben lernt (oder eben nicht).
- Prof. Wolfgang Kühnel, ein Mathematiker mit Leidenschaft für Bildung, nimmt Stellung zur momentanen Schullandschaft.
- Harald Martenstein, der Kolumnist des Tagesspiegels und der ZEIT, teilt mit uns seine Beobachtungen zum Niedergang des Gymnasiums. So unterhaltsam sein Stil auch ist, so traurig ist dennoch die treffende Wahrheit seiner Analyse.
- Und wir haben natürlich auch unsere eigenen Beobachtungen und Gedanken dazu formuliert, welche didaktischen und ideologischen Annahmen diese Entwicklung beeinflussen.
Wir hoffen, dass diese Reihe frustrierten Lehrkräften und Eltern Mut macht. Sie sind nicht alleine, und Sie bilden sich die Fehlentwicklungen im Bildungswesen nicht ein.